Wir haben uns deshalb mit Mecagent’s CEO Owein Dourneau zusammengesetzt, um ihre Reise zu besprechen, und uns anzusehen, was sie bisher so alles getan haben, und was sie noch erreichen wollen.
Auslagerung Repetitiver Aufgaben
Was hat Sie dazu inspiriert, Mecagent zu gründen?
Wir haben die Firma im Februar 2025 gegründet, als wir festgestellt hatten, dass generative KI im Bereich des Maschinenbaus nicht wirklich weit verbreitet ist. Meine Mitgründer sahen als Maschinenbauingenieure, wie KI die Softwareentwicklung in Tools wie Cursor revolutionierte und hatten das Gefühl, dass in diesem Bereich etwas fehlte.
Zu Anfang haben wir noch auffälligere Ideen wie direkt KI-generierte Teile erforscht, aber die Technologie ist hier noch nicht für den zuverlässigen Einsatz bereit. Während des Trainings dieser Modelle stellten wir jedoch fest, dass die Maschinenbauer etwas Praktischeres und Vertrauenswürdigeres benötigen würden.
Wir haben deshalb mit den Ingenieuren gesprochen und die echten Schwachstellen identifiziert. Letztendlich entschieden wir uns einen KI-Copiloten zu bauen, der sich direkt in die CAD-Software integrieren lässt, und dabei quasi ein Chat-Interface mit der CAD-Umgebung erschafft, die dabei hilft, die Aufgaben des Ingenieurs deutlich effizienter zu erfüllen.
Mit welchen konkreten Herausforderungen beschäftigten sie sich?
Wie kommen sie schneller in der Designphase voran? Wie können sie sich von repetitiven Aufgaben befreien, die keine menschliche Expertise benötigen? Das waren die fundamentalen Fragen.
Maschinenbauingenieure beschäftigen sich während eines enormen Teils ihrer Arbeitszeit damit, simple Veränderungen vorzunehmen, wie zum Beispiel einen Kehlradius zu ändern, die Lochgröße anzupassen oder ähnliche Aufgaben zu erledigen. Diese bestehen an sich nur aus wenigen Klicks, aber wenn diese dann hunderte Male wiederholt werden müssen, verbrauchen sie erhebliche Ressourcen. Unser Ziel ist es, dass sich die Ingenieure auf das Ingenieurwesen konzentrieren können.
Was war dabei Ihr Ansatz, um die Ingenieure dazu zu bringen, Ihr Produkt auch zu benutzen?
Zu Anfang haben wir einfach versucht, zu viele Dinge gleichzeitig anzugehen. Seitdem konzentrieren wir uns primär auf die CAD-Automatisierung durch Makros.
Die meisten Ingenieure verwenden hauptsächlich deshalb keine Makros, weil sie Kenntnisse in VBA, C# oder anderen Programmiersprachen erfordern, die die jeweilige CAD-Software verwendet. Dabei sind Makros an sich unglaublich leistungsfähig – mit ihnen können Sie Änderungen, Exporte und andere sich wiederholenden, und dabei zeitaufwändige, Aufgaben automatisieren, indem Sie dieselben Befehle und Operationen verwenden, die auch in Ihrer Benutzeroberfläche verfügbar sind.
Das Generieren von Makros wurde somit zu einem Kernfeature und zum Zugangspunkt für die lange Reise des Aufbaus von KI (- Agenten), die Maschinenbauingenieuren wirklich helfen.
Wie funktioniert das Generieren von Makros?
Im Kern erstellen Sie ein Skript, das Funktionen aufruft, die Sie in Ihrer CAD – Software finden. Man durchdenkt sozusagen zuerst einmal, welche Funktionen erforderlich sind, und wie man die Aufgabe händisch erledigen würde. Dann nutzt man allerdings das Chat-Interface um das Ganze zu automatisieren. Das Tool leitet sie dann durch den Prozess, wodurch das Generieren von Makros selbst ohne Programmierkenntnisse zugänglich wird.
Experimentelle Funktionen
Welche anderen Funktionen kann Mecagent denn anbieten?
Neben der Automatisierung von Makros bieten wir mehrere experimentelle Funktionen.
Online-Teilesuche Wir arbeiten mit CAD-Teilebibliotheken zusammen. Die Automatisierung kann mit verschiedenen technischen Datenblättern interagieren, um Standardkomponenten, wie z.B. Lager, zu finden, die dann aufgrund der vorhandenen Merkmale im Modell ausgewählt werden.
Spezialistenwissen Wir haben umfangreiche technische Dokumentationen und allgemeine Wissens-PDF-Dateien integriert. Fragen Sie also danach, wie Sie den Druckverlust in Rohrleitungen berechnen können, gibt es Ihnen eine Antwort mit Quellen aus, damit Sie diese Antwort auch bezüglich ihrer Genauigkeit verifizieren können. Wir sind dabei vorsichtig im Hinblick auf geistiges Eigentum, und konzentrieren uns auf allgemein bekannte Quellen, bei denen keine Lizenzprobleme aufgeworfen werden.
Die Anwender werden zudem in der Lage sein können, ihre eigenen Dokumente und Normen für die rein interne Anwendung hochzuladen.
Sofortige Preisgestaltung Hierbei handelt es sich um einen frühen Prototyp, den wir zusammen mit Drittanbietern entwickeln.
Arbeiten Sie noch an der Generierung von Teilen?
Wir testen noch immer die autonome Erstellung von Teilen, sind aber noch nicht so weit. Derzeit kann es nur einfache Teile erstellen, weshalb es für echte Konstruktionsaufgaben nicht wirklich nützlich ist. Wir müssen jedoch irgendwo anfangen.
Sind die auf diese Weise erzeugten Teile denn parametrisch?
Ja, was auch der Grund ist, weshalb wir uns aktuell immer noch auf einfache Teile beschränken. Ein parametrisch arbeitendes Modell erfordert alle Operationen im CAD-Kernel – vom Skizzieren bis hin zur Erstellung von Merkmalen. Während des ganzen Generierungsprozesses müssen diese parametrischen Eigenschaften beibehalten werden. Weshalb manche Leute direkt davon sprechen, ein gänzlich neues CAD – System zu entwickeln, um genau diese Funktionen zu ermöglichen, was aber ein wirklich langer Weg ist.
Eine KI kann beeindruckende STL-Netze, die für den 3D-Druck durchaus geeignet sind, erstellen, die aber für den Maschinenbauer nutzlos sind, solange sie nicht im Detail perfekt sind. Was im Moment einfach noch nicht der Fall ist.
Ich vergleiche das gern mit PNG – und SVG – Dateien. Eine PNG ist statisch – sie ist, was sie ist. Eine SVG hingegen nutzt Vektoren und mathematische Gleichungen, wodurch man sie editieren kann. Und genau das ist es, was Ingenieure benötigen.
In welche CAD-Plattformen ist Mecagent denn integriert?
Im Moment (Ende 2025) unterstützen wir nur SolidWorks. Wir möchten aber in naher Zukunft Inventor, Catia V5 und Creo hinzufügen.
Die Aktuellen Vorteile
Warum sind Ingenieure aktuell schon bereit, für Mecagent zu bezahlen?
Wie sie schon gesagt haben, so haben Sie bisher Makros schon verwendet und deren Wert auch verstanden, sie jedoch nicht selbst erstellt. Was ganz typisch ist. Derzeit ist es für uns am einfachsten, die Leute zu erreichen, die bereits mit Makros arbeiten. Sie erkennen dann sofort den Wert darin, dass wir die Automatisierung vereinfachen und beschleunigen. Der Rest der Maschinenbauingenieure muss hingegen erst einmal lernen, dass Makros überhaupt existieren.
Die Teilesuche wird häufig verwendet, ist aber eigentlich eher ein Nice-To-Have-Feature. Wenn es ein Killer-Feature gibt, dann ist es die Automatisierung der Makros.
Wir befinden uns noch in der Beta-Phase, weshalb es noch Fehler und Probleme gibt. Die Community der Ingenieure ist KI gegenüber eher skeptische eingestellt, und es reicht schon ein kleiner Schluckauf, und man schreibt uns ab. Ingenieure, die jedoch bereits mit Makros arbeiten, sind grundlegend viel motivierter, das Potenzial in Anwendungsfällen zu erkunden. Sehen sie dann erst einmal, dass eine Aufgabe, die sonst zwölf Stunden gedauert hat, plötzlich in drei Minuten erledigt ist, dann beißen sie an.
Gibt es überraschende Geschichten der Anwender?
Ein Kunde hat seinen Markennamen geändert, und musste 70.000 technische Zeichnungen aktualisieren. Eigentlich ist es eine so einfache Sache, aber manuell hat es zwei Monate lang gedauert. Sie wollten es ja automatisieren, aber sie wussten nicht wie. Sie probierten ChatGPT aus, aber es halluzinierte Anweisungen, da diese Anforderungen sehr spezifisch für CAD-Software sind. Mit Mecagent lief das Skript einige Stunden und erledigte den gesamten Job.
Wir haben zudem einige Fälle, in denen Kunden das Exportieren von Dateien automatisiert haben und allein dadurch schon acht bis zwölf Stunden in der Woche eingespart haben.
Einige Kunden haben zum Beispiel kundenspezifische Dashboards auf Mecagent erstellt, die Baugruppen auf Konformität prüfen – also das automatische Prüfen von Blechstärken und anderen Eigenschaften.
Einer unserer Kunden müsste die Größe von Bohrungen auf einer konvexen Oberfläche anpassen, wobei die Abmessungen relativ zum Radius der Innen- und Außenflächen waren. Das händisch zu erledigen, hätte Wochen gedauert. Nach ein paar Iterationen mit Mecagent hatte er stattdessen ein automatisiertes Skript, das die gesamte Aufgabe für ihn erledigt. Er benutzt unser Tool jetzt täglich.
Mecagent ist in der Beta. Wann ist mit dem vollständigen Launch zu rechnen?
Unser unmittelbares Ziel ist erst einmal die Sicherung des Partnerstatus mit CAD-Softwareunternehmen. Wir sind dabei in Gesprächen mit ihnen, um sicherzustellen, dass wir ihre Software korrekt verwenden.
Solche Partnerschaften verleihen dann allen Beteiligten Legitimität. Die Softwareanbieter können Ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen, um sicherzustellen, dass wir ihre „Assets“ richtig einsetzen. Während die Anwender sicher sein können, dass die zusätzliche Schicht „Mecagent“ nichts durcheinander bringt. Wir arbeiten uns zudem noch durch verschiedene Bugs, was vermutlich noch für einige Zeit ein eher anhaltender Prozess bleiben wird.
Unsere Website bietet derzeit eine Freemium-Version an, die jeder ausprobieren kann. Wir benutzen das Feedback der Anwender dann, um schnell zu iterieren.
Alles in allem wird eine Veröffentlichung also dann erfolgen, wenn wir offizielle Partnerschaften eingegangen sind, und unsere versprochenen Kernwerte auch erfüllen. Aktuell, scheint das die Automatisierung von Makros zu sein. Also hoffentlich bald.
Wandel von GTP-2 zu GPT-4
Wo liegen die größten Ängste von Ingenieuren in Bezug auf ihre Produkte und KI im Allgemeinen?
Das Hauptanliegen ist der Schutz des geistigen Eigentums von Unternehmen. Aus diesem Grund meiden viele Firmen ChatGPT. Wir befolgen die GDPR (bzw. DSGVO) um sichere Datenströme zu gewährleisten. Wir verwenden oder entnehmen keines der CAD-Modelle unserer Kunden (zum Training), und die Daten werden alle im laufenden Betrieb (des Modells) verarbeitet. Wir speichern nur den Chatverlauf und die entstehenden Automatisierungsskripte auf AWS. Ohne angemessenen Schutz des geistigen Eigentums könnten wir keine großen Unternehmen bedienen.
Eine zweite Sorge ist natürlich ersetzt zu werden. Ich bin ein Softwareentwickler, und viele Experten in meinem Fachgebiet erkennen inzwischen an, dass die KI bereits einen Großteil des Codes produziert. Sie brauchen nur einen menschlichen Experten, der den Prozess steuert, aber der Personalbedarf an sich ist erheblich gesunken.
Im Maschinenbau sind wir hingegen von diesem Szenario noch weit entfernt. Wir konzentrieren uns darauf, Ingenieuren mehr Zeit zu geben, ihre Kernkompetenzen anzuwenden, anstatt Stunden mit monotonen und repetitiven Aufgaben zu vergeuden. Es ist schwierig sich eine Welt vorzustellen, in der Brücken oder kritische Strukturen rein von einer KI ohne menschliche Beteiligung gebaut werden. Bugs in der Software können zügig repariert werden. Ein struktureller oder planerischer Fehler in physisch existierender Infrastruktur hingegen hat oft schwerwiegendere Folgen.
Auf einer Skala von „Einfach nur totaler Hype!“ bis hin zu „Das darfst du nicht verpassen!“, wo bewegt sich die KI aktuell?
Das Generative Design unter Nutzung von KI ist seit einiger Zeit Bestandteil von CAD-Paketen. Abgesehen davon ist der Hype um KI massiv, sowohl innerhalb als auch außerhalb der Branche.
Ich würde sagen, dass der Maschinenbau sich auf dem Niveau von GPT-2 bewegt, während aber viele von uns bereits so tun, als wären wir auf dem Niveau von GPT-4. Das ist zum Teil sogenannter „Marketing Noise“. Wir haben KI-generierte Roller und Formel-1-Autos gezeigt, und manchmal geht das gehörig nach hinten los, wenn die Leute dann das Produkt testen, und vergleichbare Fähigkeiten erwarten.
Selbst als KI-Maximalist muss ich zugeben, dass wir noch weit von diesem Punkt entfernt sind. Aber selbst GPT-2 war schon für viele Leute ziemlich praktisch, selbst mit seinen Einschränkungen. Der Einsatz von KI im Maschinenbau befinden sich in einem ähnlichen Stadium.
Auf lange Sicht gesehen gibt es da jedoch ein enormes Potenzial.
Was würde den Fortschritt in diesem Bereich beschleunigen?
Ich liebe Open Source. Es ermöglicht jedem, die verfügbaren Daten optimal zu nutzen. Gäbe es zum Beispiel eine oder mehrere umfangreiche Modelldatenbanken, die für jeden zugänglich wären, so könnten wir als Branche viel schneller lernen.
Gibt es andere KI-Tools, die sie Ingenieuren empfehlen würden?
Draftaid löst einige sehr greifbare Probleme durch die Automatisierung der Zeichnungserstellung.
Zudem gibt es da ein Stealth-Startup, das KI für FEA-Simulationen verwendet. Sie leisten eine beeindruckende Arbeit, die die Simulationszeiten drastisch reduziert, während die Ergebnisse nahezu deterministisch sind.








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