Nylon hat sich aufgrund seiner bemerkenswerten Eigenschaften eine eigene Nische im Bereich der industriell genutzten Materialien erschaffen. In dieser Nische stechen PA 11, aber auch PA 12 als beliebte Wahl hervor, da sie beide für ihre hohe Beständigkeit und Duktilität bekannt sind. Die beiden thermoplastischen Polymere, die für verschiedene Anwendungen von entscheidender Bedeutung sind, werden oft im Multi Jet Fusion- Verfahren (MJF) im Selektiven Lasersintern (SLS) eingesetzt, da sie einzigartige Eigenschaften mit sich bringen.
Was sind PA 11 und PA 12?
PA 11 und PA 12 fallen beide in die Nylon-Familie, und sind Polyamide, die sich in Zusammensetzung und Verwendung unterscheiden. PA 11 ist ein biobasiertes Polymer, das aus erneuerbaren Quellen wie dem Rizinusöl gewonnen wird. Seine Zusammensetzung steht im Einklang mit seiner Nachhaltigkeit und macht es zu einem bevorzugten Material in verschiedenen Branchen. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei PA 12 um ein synthetisches Polymer, das hauptsächlich aus Erdöl als Quelle hergestellt wird.
Obwohl sich die Polymere in ihrem Erscheinungsbild ähneln, bringen sie doch ganz eigene Eigenschaften mit sich. In industriellen Anwendungen schätzt man PA 11 für seine überragenden mechanischen Eigenschaften und die Einfachheit der Anwendung, wodurch es in der Automobil-, Öl- , und Gasindustrie sowie bei verschiedenen Sportartikeln Anwendung findet. Aufgrund der Haltbarkeit und Flexibilität wird es in der additiven Fertigung immer häufiger eingesetzt. A 12 ist im Gegenzug, im 3D-Druck, für seine Formstabilität und Maßtreue bekannt.
Eigenschaften und Kennwerte von PA12 und PA11
Mechanische Eigenschaften und Chemikalienbeständigkeit
Während sie sich in manchen Aspekten ähneln, zeigen PA 11 und PA12 unterschiedliche mechanische und chemische Eigenschaften. PA 11 ist im Kontakt mit verschiedenen Substanzen chemikalienbeständig. Dazu gehören Kohlenwasserstoffe, Alkohole und Reinigungsmittel. Es hat zudem einen kleinen ökologischen Fußabdruck und verbraucht weniger nicht erneuerbare Ressourcen.
Im Gegensatz dazu weist PA 12 eine außerordentliche Festigkeit, Wärmebeständigkeit und Beständigkeit gegen Rissbildung auf, und funktioniert auch gut im Bereich von Minusgraden. Seine Beständigkeit erstreckt sich auf Flüssigkeiten wie Hydraulikflüssigkeit, Öle und Lösungsmittel. Die chemische Beständigkeit ist insbesondere in der Automobilbranche und mechanische Bauteile interessant, bei denen es häufiger zum Kontakt mit diesen Chemikalien kommt. Seine Robustheit in einer Vielzahl chemischer Umgebungen gewährleistet zudem die Langlebigkeit und Verlässlichkeit der darauf gefertigten Komponenten.
Wärmebeständigkeit, Flexibilität und Haltbarkeit
Im Hinblick auf die Wärmebeständigkeit bietet PA 11 überlegene Stabilität gegenüber Licht-, UV- und Witterungseinflüssen. Seine Elastizität und hohe Schlagfestigkeit machen es zudem ideal geeignet für langlebige und flexible Anwendungen.
PA 12 hingegen zeichnet sich durch seine hohe Festigkeit und Steifheit aus, und behält dadurch über lange Zeit eine gleichbleibende Leistung bei, wodurch es für Teile geeignet ist, die Beanspruchung und Verschleiß widerstehen müssen. Nylon PA 12 kann zudem höheren Temperaturen widerstehen, wodurch es sich für Anwendungen eignet, die eine bessere Leistung unter thermischen Einflüssen erfordern.
Wasseraufnahme
Im Hinblick auf die Wasseraufnahme weist PA 11 eine relativ niedrige Wasseraufnahme (1,6 Gew.-%) auf, was für die Aufrechterhaltung der Integrität der Teile in feuchter Umgebung von Vorteil ist. Die noch niedrigere Feuchtigkeitsabsorptionsrate von PA 12 (0,5 Gew.-%) verbessert die Form- und Maßbeständigkeit noch weiter und macht es somit ideal für Anwendungen, bei denen eine gleichbleibende Leistung unter variablen Feuchtigkeitsbedingungen entscheidend ist.
Eigenschaften | PA 11 | PA 12 |
Chemikalien- beständigkeit |
Beständig gg. eine breite Palette | Außergewöhnlich beständig gg. Öle und Lösemittel |
Umwelteinfluss | Geringer; verbraucht weniger fossile Ressourcen | Höher; hauptsächlich auf Erdölbasis |
Wärmebeständigkeit | Überlegene Stabilität | Hoch, ausgezeichnet bei niedrigen Temperaturen |
Flexibilität und Elastizität | Hohe Elastizität | Stark, weniger flexibel als PA 11 |
Haltbarkeit | Hohe Schlagfestigkeit | Beständig gegen Rissbildung, hohe Abriebfestigkeit |
Häufige Anwendungen | Funktionsprototypen, Automobilteile | Voll funktionsfähige Teile, eine Alternative zum Spritzguss von Kunststoffen |
Unterschiede in der Oberflächenqualität
Die Güte der Oberfläche eines Materials ist von entscheidender Bedeutung bei der Bestimmung seines ästhetischen Anspruchs und der funktionellen Möglichkeiten. PA 11 liefert in der Regel eine glattere Oberfläche, verbessert damit den visuellen Aspekt und trägt insbesondere zur Funktionalität bei, wenn es im Teile geht, bei denen die Rauigkeit und Reibung an der Oberfläche eine Rolle spielt.
Die glatte Oberfläche ist zudem vorteilhaft für Anwendungen, die eine feine, detaillierte Oberfläche benötigen, wodurch man PA 11 in Branchen bevorzugt, in denen Ästhetik ebenso wichtig ist wie Funktionalität.
Dem gegenüber steht PA 12, das zwar ebenfalls eine gute Oberflächenqualität aufweist, die aber im Vergleich zu PA 11 etwas rauer ist. Diese Eigenschaft ist wiederum dann wichtig, wenn im Rahmen einer Anwendung eine griffige oder rutschfeste Oberfläche erforderlich ist.
Kostenanalyse: PA 11 gg. PA 12
In der additiven Fertigung obliegt einer Abwägung der Kosten eine tragende Rolle bei der Materialauswahl. PA 11 erlaubt mit seiner überragenden Duktilität die Konstruktion dünnwandigerer Teile (0,5 mm statt 0,8 mm bei PA 12). Aber selbst, wenn dies zu leichteren und günstigeren Teilen führt, entstehende Abfälle reduziert und es die Produktionszeiten beschleunigt, so bleibt PA dennoch im Durchschnitt 30% teurer als PA12*.
Die überlegene Schlagfestigkeit und Abriebfestigkeit von PA 11 trägt außerdem zu einer längeren Lebensdauer der Teile bei, was wiederum Kosten spart und Zeiten durch Ausfälle, Wartung und Reparatur in verschiedenen Systemen verringert. PA11 wird dabei insbesondere für die glatte Oberfläche geschätzt, die mit einer generell höheren Qualität als bei PA 12 einhergeht.
Im Umkehrschluss kann PA 12 trotz seiner hohen Haltbarkeit und Beständigkeit, auf Grundlage seines Ursprungs aus Erdöl PA 12 höhere Kosten verursachen. Der Produktionsprozess von PA 12 kann zudem ressourcenintensiver sein, was sich dann wiederum im entstehenden Marktpreis niederschlägt. Dennoch macht es sowohl seine Festigkeit als auch die gute Verarbeitbarkeit des Materials zu einer lohnen Investition für bestimmte Anwendung.
PA 11 und PA 12 befinden sich dabei in einem ausgeglichenen Verhältnis, dessen Balance durch die anfänglichen Materialkosten und dem langfristigen Wert für das Unternehmen bestimmt wird. Diese Entscheidung muss anhand von Faktoren abgewogen werden: dem geplanten Verwendungszweck, der Produktionseffizienz und prognostizierten Lebensdauer der Teile.
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PA 11 gg. PA 12: Welches ist besser für Verschlusselemente geeignet?
Die Materialauswahl ist von entscheidender Bedeutung, wenn es darum geht, die Funktionalität und Haltbarkeit von Verschlusselementen wie Clips, Haken usw. geht. PA 11 eignet sich zum Beispiel durch seine Formbarkeit (Duktilität) und Flexibilität besser für die Herstellung von Clip – Elementen.
Diese Flexibilität erlaubt es den Clips, die wiederholten Biege- und Einrastvorgänge oder Bruch oder Verlust ihrer Form zu ertragen. Diese Eigenschaften sind für Anwendungen essenziell, in denen die Verschlüsse robust und anpassungsfähig sein müssen.
PA 12 hingegen, obwohl es fest und haltbar ist, bietet eine etwas geringere Flexibilität als PA 11 (20% im Vergleich mit 30%). Dennoch ist auch PA 12 ideal für Verschlüsse, die einen hohen Grad an Biegung und Flexibilität erfordern.
Anwendungen von PA 11 und PA 12
Anwendungen von PA 11
- Mechanisch belastete Prototypen: Ideal für Prototypen, bei denen eine mechanische Belastung erforderlich ist.
- Automobilindustrie: Wird in der Automobilherstellung aufgrund seiner Schlagfestigkeit für unfall- und sicherheitsrelevante Teile im Innenraum verwendet.
- Sichtbare Teile: Geeignet für durch Abrieb belastete und manuell bediente Teile, da es sowohl ästhetisch als auch funktional ist.
- Spezielle Designelemente: Ausgezeichnet für kleine bis mittelgroße Teile, dünne Wände und Gitterstrukturen.
Anwendungen von PA 12
- Funktionale Kunststoffteile: Häufig als voll funktionale Kunststoffteile eingesetzt, Ersatz mit besseren mechanischen Eigenschaften für Kunststoffteile aus dem Spritzguss
- Medizinische Anwendungen: Biokompatibel, wodurch es für den 3D-Druck von medizinischer Ausstattung wie z .B. Prothesen geeignet ist.
- Bewegliche Verbindungsstücke: Hohe Abriebfestigkeit sorgt für eine ideale Eignung für Scharniere, Verschlüsse und Zahnräder.
- Ans Wetter anpassbare Teile: Die UV- und Lichtbeständigkeit erlaubt die Anpassung der hergestellten Teile an verschiedene Wetterbedingungen.
Abwägungen: Die Unterschiede zwischen PA 11 und PA 12 beachten
Die Entscheidung zwischen PA 11 und PA 12 lässt sich zu einer sorgfältigen Abwägungsentscheidung anhand spezifischer Anwendungsanforderungen zusammenfassen. Während beide Materialien lobenswerte Eigenschaften besitzen, verfügen sie auch über spezifische individuelle Vorteile. PA 11 Polyamid sticht durch seine glatte Oberfläche hervor, wodurch es gerade bei Anwendungen ideal ist, bei denen die Ästhetik im Vordergrund steht. Andererseits liefert PA 12 eine exzellente Wärmebeständigkeit, und ist für jene Szenarien ideal, in denen überlegene thermische Eigenschaften von Vorteil sind.
Ingenieure und Einkäufer in der Fertigungsindustrie, was auch Bereiche wie den Automobilbau, die Luft- und Raumfahrt und die Robotik umfasst, müssen diese Faktoren immer abwägen, wenn sie das passende Material für die gewünschte Anwendung auswählen müssen. Die nuancierten Unterschiede zwischen PA 11 und PA 12 ermöglichen es den Entscheidungsträgern ihre Wahl auf Grundlage der Anforderungen ihrer Projekte zu treffen, und so die optimale Leistung und Langlebigkeit zu gewährleisten.
Schöner Artikel. Es ist noch anzumerken, dass die Materialien PA11 und PA12 für HP DJF inzwischen für die Verwendung innerhalb von Museumsvitrinen nach BEMMA Schema zugelassen sind. Genauer Gesagt sind es die Materialen: HP 3D HR PA 12, HP 3D HR PA 11 & HP 3D HR PA 12 W. Die Schadstoffarmut dieser Materialien ist somit nachgewiesen und es können damit beispielsweise Objektträger für empfindliche Ausstellungsstücke gedruckt werden. Grüße -Stefan
Vielen Dank Stefan für diese feine Ergänzung! Dies zeigt auch wie weit sich 3D Druck Materialien weiter entwickelt haben. VG