Wie Jersey Heritage mithilfe von 3D-Druck den Zwerghirsch zum Leben erweckte

Jersey Heritage bewahrt die faszinierende Geschichte der Kanalinsel Jersey. Für die neue Ausstellung „La Tèrr’rie d’Jèrri“ nutzte das Konservierungsteam erstmals die Möglichkeiten des 3D-Drucks. Mit internationaler Unterstützung entstand eine detailgetreue Replik des Zwerghirsches – einer einzigartigen Unterart des Rothirsches aus der Eiszeit.
3D-printed skeleton of the dwarf red deer without the bone fragments

Hallo, ich bin Harry Richards, Konservator bei Jersey Heritage. Gemeinsam mit meinem Kollegen Neil Mahrer, dem leitenden Konservator, bringen wir unsere jahrelange Erfahrung im Umgang mit historischen Objekten ein. Eines unserer Hauptziele ist es, innovative und zugleich praktische Halterungen für Museumsexponate zu entwickeln.

Im Rahmen der neuen Ausstellung „La Tèrr’rie d’Jèrri“ im Jersey Museum arbeiteten wir an einer Halterung für die Überreste einer Rothirsch-Unterart, die vor 125.000 Jahren auf Jersey lebte – des Jersey-Zwerghirsches. Ziel dieser Ausstellung war es, die geografischen Veränderungen darzustellen, die über einen Zeitraum von etwa 6.000 Jahren zu einer extremen Zwergbildung führten. Die Hirsche schrumpften dabei auf ein Sechstel des Gewichts ihrer ausgewachsenen Artgenossen.

Das Ziel war es, die wenigen erhaltenen Knochen des Zwerghirsches optimal zur Geltung zu bringen. Eine visuell ansprechende Präsentation sollte die Bedeutung dieser Unterart für die Besucher fassbar machen. Die Idee, ein vollständiges Skelett eines Zwerghirsches nachzubilden, erschien uns der beste Weg, um dies zu erreichen. Angeregt durch private Projekte von 3D-Druck-Enthusiasten, die erfolgreich Modelle von Tierskeletten gedruckt hatten, beschlossen wir, diese Möglichkeit näher zu erforschen.

The 125,000 years-old bones of a dwarf red deer kept and conserved by Jersey Heritage

Die 125.000 Jahre alten Knochen des Jersey-Zwerghirsches, konserviert von Jersey Heritage

The 125,000 years-old bones of a dwarf red deer kept and conserved by Jersey Heritage

Die 125.000 Jahre alten Knochen des Jersey-Zwerghirsches, konserviert von Jersey Heritage

The 125,000 years-old bones of a dwarf red deer kept and conserved by Jersey Heritage
The 125,000 years-old bones of a dwarf red deer kept and conserved by Jersey Heritage

Internationale Zusammenarbeit bei der Rekonstruktion eines Eiszeit-Hirsches

Die Umsetzung war nur durch internationale Zusammenarbeit möglich. Der irische digitale Künstler Shaun Whoriskey erstellte das erste 3D-Modell auf Basis vergleichender Anatomie. Shaun hatte das ursprüngliche 3D-Modell im Rahmen eines Kurses zur vergleichenden Anatomie erstellt, basierend auf der Skelettstruktur einer irischen Rothirsch-Unterart. Als Referenzen dienten anatomische Quellen wie die Ausstellung „Dead Zoo“ im Nationalmuseum von Irland.

Später überarbeitete Zarya Blackwood, eine Luft- und Raumfahrtingenieurin sowie 3D-Generalistin aus der Karibik, das Modell. Sie passte die Proportionen an die des Jersey-Zwerghirsches an und segmentierte es in drei größere Teile, um den Druck zu erleichtern.

Study and modelisation of skeleton by Shaun Whoriskey
Studie und Modellierung des Skeletts von Shaun Whoriskey

Wissenslücken mit 3D-Druck schließen

Die Originalknochen wurden bisher auf einer flachen Silhouette präsentiert, die die Form des Hirsches andeutete. Diese Darstellung konnte jedoch die Vorstellungskraft der Besucher nicht ausreichend anregen.

Wir diskutierten zunächst verschiedene Möglichkeiten, darunter eine Projektion des Hirsches auf die Rückwand des Ausstellungskastens oder ein Drahtmodell, in das die Knochen integriert werden könnten. Schließlich entschieden wir uns, ein 3D-gedrucktes Skelett zu beauftragen – eine effektive und realistische Lösung.

Da Jersey Heritage zum ersten Mal 3D-Druck für eine Ausstellung nutzte, war zunächst wenig Fachwissen vorhanden. Die Zusammenarbeit mit Experten und spezialisierten Unternehmen wie Xometry war entscheidend für den Erfolg. Unser erster Schritt war daher die Suche nach einem geeigneten 3D-Modell und einem Unternehmen, das dieses drucken konnte.

Nach einigen Rückschlägen und Herausforderungen fanden wir schließlich mit Zarya Blackwood und Xometry kompetente Partner. Die Experten von Xometry halfen uns, verbleibende Probleme vor der Produktion zu lösen.

3D-printed skeleton structure with beige-colored ribs and other bones, alongside an old, real bone fragment

Das 3D-gedruckte Skelett neben einem echten Knochenfragment, das für die Restaurierung im Museum verwendet wurde

The 3D-printed animal skull being assembled with support rods

Der 3D-gedruckte Tierschädel wird mit Stützstangen montiert

3D-printed skeleton structure with beige-colored ribs and other bones, alongside an old, real bone fragment

Der 3D-gedruckte Tierschädel mit einem echten Knochenfragment, das in den Unterkiefer integriert wurde

3D-printed skeleton structure with beige-colored ribs and other bones, alongside an old, real bone fragment
The 3D-printed animal skull being assembled with support rods
3D-printed skeleton structure with beige-colored ribs and other bones, alongside an old, real bone fragment

Rekonstruktion eines lebensgroßen Zwerghirsches

Das Modell musste der Statur eines Zwerghirsches genau entsprechen, der lediglich 1,5 Meter hoch war. Nur so konnten die Originalknochen präzise an den vorgesehenen Stellen im Skelett platziert werden und proportional zu den umliegenden 3D-gedruckten Knochen passen. Zudem war es entscheidend, ein Material auszuwählen, das für den Museumsgebrauch geeignet ist, da einige Kunststoffe aufgrund von Ausgasungen im Laufe der Zeit potenzielle Risiken darstellen. Aus diesem Grund entschieden wir uns für den FDM-3D-Druck mit PETG als bevorzugtem Filament.

Bereits vor der Auswahl eines geeigneten 3D-Druckunternehmens arbeiteten wir eng mit Zarya Blackwood zusammen, um mögliche Probleme mit dem Modell frühzeitig zu lösen. Nachdem wir Xometry kontaktiert und eine Zusammenarbeit vereinbart hatten, wurden alle weiteren Herausforderungen schnell und professionell vom Team bewältigt, bevor die Produktion begann.

Ein besonderer Meilenstein des Projekts war das Herausschneiden bestimmter Modellabschnitte, um Platz für die echten Knochen zu schaffen, und das anschließende Einpassen dieser Originalfragmente. Dieser Moment markierte den Punkt, an dem wir sicher waren, dass alles reibungslos verlaufen würde. Die intensive Arbeit, die in dieses Projekt investiert wurde, hatte sich eindeutig gelohnt.

3D-printed skeleton of the dwarf red deer without the bone fragments
3D-gedrucktes Skelett des Zwerghirsches ohne die Knochenfragmente
3D-printed skeleton of the dwarf red deer with the bone fragments
3D-gedrucktes Skelett des Zwerghirsches mit dem Knochenfragment

Ein voller Erfolg für den 3D-gedruckten Zwerghirsch

Die fertige Ausstellung des Zwerghirsches war ein voller Erfolg – viele Mitarbeiter konnten es kaum erwarten, einen Blick darauf zu werfen, noch bevor die Ausstellung offiziell eröffnet wurde! Seit ihrer Eröffnung ist die Ausstellung selten ohne Besucher zu sehen und wird regelmäßig für ihre beeindruckende visuelle Wirkung gelobt.

A 3D-printed skeleton of a dwarf red deer with real bone fragments integrated into the leg
A 3D-printed skeleton of a dwarf red deer with real bone fragments integrated into the head
A 3D-printed skeleton of a dwarf red deer with real bone fragments integrated into the leg
A 3D-printed skeleton of a dwarf red deer with real bone fragments integrated into the head

Der Erfolg dieses Projekts hat unser Interesse daran geweckt, den 3D-Druck weiterhin als Produktionsmethode zu nutzen, insbesondere dort, wo es darum geht, Formen und Materialien zu reproduzieren, die normalerweise auf subtraktive Fertigungsverfahren oder zeitintensive Handarbeit angewiesen sind.

Da der 3D-Druck immer noch eine relativ neue Technologie ist, wird oft unterschätzt, welche Möglichkeiten er selbst für vermeintlich nischige Projekte bietet. Die Kontaktaufnahme mit spezialisierten 3D-Druckunternehmen oder Enthusiasten-Communities kann ein Projekt entscheidend voranbringen. Was zunächst unwahrscheinlich oder unrealistisch erscheinen mag, könnte sich letztlich als ideale Anwendung dieser innovativen Technologie erweisen!

Mehr zur Ausstellung erfahren Sie hier: https://www.jerseyheritage.org/visit/whats-on/la-terrrie-djerri/ 


Haben Sie schon einmal 3D-Druck für ein Nischenprojekt genutzt oder in Betracht gezogen? Teilen Sie Ihre Erfahrungen mit uns!

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