Einfluss der Nachbearbeitung auf die Maßhaltigkeit von Teilen

In diesem Artikel werden die verschiedenen Nachbearbeitungsmethoden und ihr Einfluss auf die Maßhaltigkeit betrachtet. Dies soll Ihnen dabei helfen, potenzielle Herausforderungen zu überwinden und sicherzustellen, dass Ihre Entwürfe die Präzision und Genauigkeit erreichen, die sie brauchen.
A person using a digital caliper to measure the thickness of a black 3D-printed part, with the caliper

In der traditionellen Fertigung und der additiven Fertigung liegt der Fokus oft hauptsächlich auf den Entwurfs- und Produktionsphasen. Dennoch erfordern die Endprodukte, egal ob sie nun Industrieanlagen oder Elektrogeräte sind, oft eine Nachbearbeitung, um ihr Erscheinungsbild oder die Haltbarkeit zu verbessern.

Nachbearbeitung in der traditionellen Fertigung beinhaltet ein weiteres Bearbeiten, Polieren und Beschichten der Oberflächen, um entweder überschüssiges Material abzutragen oder eine schützende Beschichtung aufzutragen. Die additive Fertigung nutzt spezifischere Methoden wie das Entfernen von Stützstrukturen, die Oberflächenglättung, das Sprühlackieren oder das Aushärten. So benötigen zum Beispiel 3D-Druck aus Harz (Resin) UV-Licht oder Wärme, um sich zu verfestigen und die mechanischen Eigenschaften zu verbessern.

Aber welchen Einfluss hat die Nachbearbeitung auf die Genauigkeit der Maße eines Teils? Wird sich das Teil ausdehnen oder zusammenziehen? Dies sind alles kritische Fragen, die man in Betracht ziehen muss, wenn man ein 3D-Modell erstellt und dabei sichergehen will, dass das Teil den Designspezifikationen entspricht, korrekt funktioniert und nahtlos mit anderen Teilen zusammenpasst.

A person using a digital caliper to measure the thickness of a black 3D-printed part, with the caliper
Messung der Genauigkeit eines dampfgeglätteten 3D-gedruckten Teils mithilfe eines digitalen Messschiebers.

Gängige Nachbearbeitungstechniken in der Fertigung

Beim Entwurf ist es wichtig, die Nachbearbeitung zu bedenken, da sie sowohl die Ästhetik als auch die Funktionalität verbessern kann.  Dies impliziert aber auch, dass sie die Maßhaltigkeit beeinflussen kann. Es gibt verschiedene typische Nachbearbeitungsmethoden, die in der CNC-Bearbeitung, der Blechfertigung und im 3D-Druck eingesetzt werden:

  • Perlenstrahlen: Dieses Verfahren nutzt einen unter Hochdruck ausgestoßenen Strom kleiner Perlen, die oft aus Glas oder Kunststoff bestehen und auf die Oberflächen des Teils gerichtet werden, um Fehler zu beseitigen und es überall gleichmäßig zu glätten. Das Verfahren kann scharfe Kanten leicht glätten, und dabei entscheidende Maße verändern, insbesondere wenn es viele komplizierte Details gibt.
  • Elektropolitur: Dies ist ein elektrochemisches Verfahren, bei dem eine sehr dünne Schicht von Stahloberflächen entfernt wird, und somit sicherstellt, dass die Oberflächen nach der Reinigung glänzen. Dennoch kann das Verfahren auch stumpfe Oberflächen erzeugen und minimalen Änderungen erfordern, um die minimalen Änderungen der Maße auszugleichen und präzise Anforderungen zu erfüllen.
  • Dampfglättung: Das Dampfglätten beinhaltet den Kontakt der im 3D-Druck erzeugten Objekte mit chemischen Dämpfen, die ein Schmelzen der Oberfläche bewirken, und die Außenoberflächen regulieren bzw. normalisieren. Dieses Verfahren kann insbesondere bei feingliedrigen Teilen kleine Details verändern und scharfe Kanten abrunden.
  • Trommelpolitur: Zusätzlich zur Entfernung von Graten poliert die Trommelpolitur Oberflächen von Teilen, indem diese in Vibrationsbehältern mit einem abrasiven Medium zusammengebracht werden. Dieses Verfahren eignet sich nicht für empfindliche Teile und Merkmale wie scharfe Kanten.
  • Sandstrahlen: Das Sandstrahlen nutzt Hochgeschwindigkeitspartikel zur Reinigung von Oberflächen sowie zur vorherigen Texturierung vor dem Lackieren und anderen Nachbehandlungen.
  • Pulverbeschichtung: Hier werden trockene Pulver elektrostatisch auf ein Objekt aufgetragen, das dann erhitzt wird, um die Beschichtung in eine langlebige Schutzschicht umzuwandeln. Das Verfahren vergrößert die Maße jedoch etwas und kann somit gerade bei eng sitzenden Bauteilen Problem beim Einpassen verursachen.
  • Beschichtung: Beschichtungen wie das Verchromen nutzen die Ablagerung einer metallischen Schicht auf eine Oberfläche, um zum Beispiel die elektrische Leitfähigkeit, die Verschleißfestigkeit und den Korrosionsschutz zu verbessern. 
  • Eloxieren: Beim Eloxieren gibt es verschiedene Arten des Eloxierens (Typ II und Typ III werden am meisten verwendet), das ein elektrochemisches Verfahren ist, das verwendet wird, um gezielt Oxidschichten auf metallischen Oberflächen zu erzeugen.
  • Passivierung: Bei diesem Verfahren wird Edelstahl behandelt, um freies Eisen zu entfernen und einen besseren Widerstand gegenüber Korrosion zu erzeugen, indem eine schützende Oxidschicht gebildet wird.
  • Lackieren: Dieses Verfahren wird genutzt, um Lacke auf Teile aufzutragen. Dies geschieht aus ästhetischen Gründen und zum Schutz und kann die Maße leicht verändern.
Bead blasted

Perlenstrahlen

Elektropolitur

Trommelpolitur

Pulverbeschichtung

Versilberung

Anodizing black

Eloxieren Typ II

Passivierung

SLS PA12 3D printed part with a black spray painting finish

Sprühlackieren

SLS PA media tumbled

Trommelpolitur

Dampfglättung

Bead blasted
Anodizing black
SLS PA12 3D printed part with a black spray painting finish
SLS PA media tumbled

Wie Sich Verschiedene Nachbearbeitungsverfahren Auf Die Maßhaltigkeit Auswirken

Bei der Abwägung einer Nachbehandlung für Teile ist es wichtig, dass man die Einflüsse versteht, wie die verschiedenen Verfahren sowohl die Maßhaltigkeit als auch die Oberflächengüte beeinflussen. Die folgende Tabelle vergleicht die verschiedenen Nachbearbeitungsmethoden (die alle in der Xometry Instant Quoting Engine® verfügbar sind), inklusive ihrer Auswirkungen auf die Maßhaltigkeit und die zu erwartenden Oberflächengüten.

Verfahren Maßveränderung Oberflächengüte Typische Anwendungen Geeignete Materialien
Perlenstrahlen Vernachlässigbar  Matt/seidenmatt

körnig

Ästhetische Veredelung, Oberfläche

Vorbereitung für Beschichtungen

Metalle, Kunststoffe,

Verbundwerkstoffe

Elektropolitur Leichte Reduzierung (0,00635 mm) Glatt, glänzend Verbessert die Korrosionsbeständigkeit und Glättung von Mikrogipfeln und -tälern Edelstahl, Aluminium, Kupfer
Dampfglättung Geringfügige Reduzierung (~ 0,023 mm) Glänzend, glatt Verbesserung der Oberflächenqualität von 3D-gedruckten Teilen Thermoplaste
Trommelpolitur Vernachlässigbar Samtartige Oberfläche Teile mit geglätteter Oberfläche Metalle, Kunststoffe
Sandstrahlen Leichte Reduzierung (~ 0,005–0,025 mm) Stumpfe Oberfläche Oberfläche für Lack vorbereiten Metalle, Kunststoffe
Pulverbeschichtung Zugabe (~0,02-0,05 mm) Matt oder glänzend, farbig Verschleißfeste Teile, Ästhetik Metalle, Kunststoffe
Beschichtung (Chrom, Nickel) Zugabe (~ 0,005-0,025 mm) Metallische Oberfläche elektrische Komponenten, verschleißfeste Teile Metalle (z.B. Kupfer, Nickel)
Passivierung Vernachlässigbar Matt, verbesserte Beständigkeit Ästhetische Verbesserungen, Schutz der Oberfläche Edelstahl
Sprühlackieren Zugabe (~0,02-0,1 mm) Glatt, farbig Verbesserung der Oberfläche und Schutz  Metalle, Kunststoffe
Eloxieren Typ II Zugabe (~0,0025 mm) Matt oder glänzend, farbig Korrosionsbeständigkeit, haltbare Teile Aluminium
Eloxieren Typ III Zugabe (~0,025 mm) Matt oder leicht rauh, farbig Anwendung mit starkem Verschleiß, mechanische Komponenten, Korrosionsbeständigkeit, langlebige Teile Aluminium
Dampfpolieren und Lackieren leichte Reduktion (vernachlässigbar); Zugabe (~ 0,012-0,25 mm) Glatt, farbig, glänzend Kombination der Oberflächenverbesserung und Qualitätsverbesserung für 3D-gedruckte Teile Thermoplaste
Sandstrahlen und Eloxieren Vernachlässigbare Reduzierung (~ 0,0025-0,025 mm) Matt bis seidenmatt, körnig, dann matt bis glänzend, farbig Vorbereitung der Oberfläche und Schutz von Aluminiumteilen Aluminium

Vorschriften und Normen zur Einhaltung der Maßhaltigkeit bei der Nachbearbeitung

Es folgt eine kurze Übersicht von Normen, die sich auf die Einhaltung der Maßhaltigkeit während der Nachbearbeitung beziehen und häufig in Europa, Großbritannien und der Türkei zum Einsatz kommen:

Norm Einsatzgebiet Aufgabe Anwendungsbeispiel
ISO 2768 Legt allgemeine Toleranzen für lineare Abmessungen, Winkelabmessungen und geometrische Toleranzen in nicht verbundenen Metallteilen fest Gewährleistet die Konsistenz in den Maßen über verschiedene Fertigungsverfahren und Nachbearbeitungsschritte hinweg Angabe mittlerer Toleranzen für eine CNC-bearbeitete Metallwelle mit einem Durchmesser von 50 mm als „ISO 2768-m“ auf der Zeichnung
ISO 1101 Legt zulässige Grenzen für Abweichungen in der Teilegeometrie fest, wobei der Schwerpunkt auf Form- und Lagetoleranzen liegt Stellt sicher, dass die Bauteile trotz Maßänderungen während der Endbearbeitung den geometrischen Standards entsprechen Angabe der Rechtwinkligkeit: ⊥ 0,1 ISO 1101, damit ein Loch innerhalb einer Toleranzzone von 0,1 mm relativ zu einer gegebenen Bezugsebene bleibt
ASME Y14.5 Beschreibt, wie GD&T Symbole Abweichungen in Größe und Form von Teilen mithilfe von Steuerelementen wie der Positionssteuerung angeben. Stellt die Gleichförmigkeit und hohe Genauigkeit während und nach der Fertigung sicher Verwenden des Positionstoleranzsymbols in der Zeichnung: Position: Ⓟ 0,2 / ⌀10|ABC*
ASTM D618 Beschreibt die Praxis bei der Konditionierung von Kunststoffen zu Testzwecken nach dem Formen, um thermische und chemische Glättungseffekte zu testen Stellt die Maßhaltigkeit sicher, indem Proben zum Gleichgewicht hin konditioniert werden, bevor weitere Operationen durchgeführt werden Die Konditionierung von Kunststoffproben für 48 Stunden bei 50 °C, dann 06 Stunden bei 23 °C und 50 % relativer Luftfeuchtigkeit vor dem chemischen Glätten.

*Die Mitte des Lochs muss innerhalb einer Zone von 0,2 mm Durchmesser um die Bezugspunkte ‚A‘, ‚B‘ und ‚C‘ liegen, damit während der Nachbearbeitung eine genaue Montage erreicht werden kann.

Werkzeuge und Verfahren für die Überwachung und Kontrolle von Maßänderungen

Das Überwachen und Kontrollieren der Maßänderungen während der Nachbearbeitung erfordert akkurate Werkzeug und Verfahren. Einige wichtige Lösungen sind:

  • Koordinatenmessmaschinen (CMM): Diese Geräte verwenden eine Sonde, um genaue Messungen der physischen Formen eines Objetzt zu machen. Sie sind nützlich für das Überprüfen der Maße sowie die Entdeckung von Abweichungen in den Konstruktionsspezifikationen. Sie sind besonders in Fragen der Präzision und erlauben oft Messungen im Mikrometerbereich (0,001 mm), was die typische Meßgenauigkeit von digitalen Messschiebern, die in etwa bei 0,01 mm in den Schatten stellt.
  • Laserscanner: Laserscanner erfassen die Maße ohne physischen Kontakt. Sie erzeugen ein hochauflösendes 3D-Modell eines Teils, das dann mit den CAD-Entwürfen abgeglichen werden kann um die Maßänderungen festzustellen.
  • Optische Komparatoren: Diese Geräte projizieren das Profil eines Teils auf einen Bildschirm, und erlauben einen visuellen Ableich im Vergleich zu vorher bestimmten Normen. Sie eignen sich am besten für die Überwachung von Maßänderungen an kleinen oder filigranen Teilen.
  • Digitale Messschieber und Mikrometer: Für schnelle und genaue Messungen bieten digitale Messschieber und Mikrometer eine exzellente Genauigkeit im Hinblick auf die Messung von Längenmaßen oder der Dicke, was sehr wichtig für die Qualitätskontrolle ist.
  • Oberflächenrauigkeitstester: Diese Geräte bestimmen die Qualität der Oberfläche, indem sie die Veränderungen, die zum Beispiel aufgrund des Einsatzes von Sandstrahlen oder dem Polieren auftreten, identifizieren.
Engineer using a coordinate measuring machine (CMM) to inspect a 3D-printed part in a lab setting
Ingenieur prüft ein Teil mit einer Koordinatenmessmaschine (CMM) auf seine Maßhaltigkeit

Wie Sind Toleranzen in Technischen Zeichnungen Abzubilden

  • Um die Nachbearbeitungsprozesse, wie z.B. das Eloxieren, auf technischen Zeichnungen abzubilden, ist es erforderlich, die entsprechenden Nachbearbeitungstoleranzen für jede kundenspezifische Anforderung anzugeben (z.B. Harteloxat 50 µm). 
  • Geben Sie auf der Zeichnung eindeutig an, dass diese Toleranzen auf der Zeichnungen zur Nachbearbeitung gehören.
  • Für relativ dünnschichtige Behandlungen (<10 µm) können oft Endtoleranzen gewährleistet werden. Für mächtigere Behandlungen mit mehr als 10 µm wird empfohlen bestimmte Oberflächen abzudecken bzw. abzukleben, um unvorhersehbare Maßänderungen nach der Behandlung zu vermeiden, (verdecken Sie z.B. Gewindebohrungen um sicherzustellen, dass diese innerhalb der Toleranzen und somit funktionsfähig bleiben. nachdem eine dicke Eloxatschicht auf das Teil aufgetragen wird).
  • Fügen Sie weitere Oberflächensymbole (Rauigkeit) und spezifische Toleranzen (lineare oder geometrische) hinzu um sicherzustellen, dass die produzierten Teile auch die funktionalen Erfordernisse erfüllen.
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